Evotec SE

Evotec fällt tief, die Leerverkäufer freut es

Mit einem von vielen als enttäuschend vorsichtig angesehenen Jahresausblick hat die Hamburger Evotec SE nicht überzeugen können. Die angekündigten Sparmaßnahmen und ein neuer Blick auf die eigenen Prognosen werden von Analysten als Ängstlichkeiten interpretiert und dämpfen jede Phantasie. Für Hedgefonds auf der Leerverkaufsseite ein gefundenes Fressen.

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Nur ein paar Monate zurück, vor Weihnachten, war die Welt in Hamburg am Manfred-Eigen-Campus noch und wieder in Ordnung. Das Erreichen des Milliardenumsatzziels der eigenen Unternehmensstrategie 2025, die firmenintern als eine „Autobahn“ bezeichnet wurde, schien in greifbarer Nähe. Zwar war das Unternehmen durch einen Cyberangriff und eine extrem harsche nachfolgende Abschottungspolitik des Unternehmens bereits im Laufe des Jahres 2023 schwer getroffen und gebeutelt worden, eine zwischenzeitliche Abstufung aus dem Börsenindex als Folge des nicht rechtzeitig erstellten Geschäftsberichtes als deutliche Schramme in der Jahresperformance sichtbar geblieben. Doch rings um den Jahreswechsel wähnte man das Thema Reagieren auf externe Herausforderungen als abgehakt und wollte wieder selbst Akteur und Antreiber der biopharmazeutischen Innovationslandschaft werden.

Dazu hatte Evotec mit einer globalen Strategie der Vernetzung mit führenden Innovationsstandorten in Europa mit dem „Brückenbauen“ von Innovationslaboren (Bridges) begonnen. In diesen sollten wissenschaftliche Projekte mit der breiten Technologieplattform und den vielfältigen Angeboten einer dem menschlichen Organismus sehr nahekommenden Modellpalette von Evotec früh in Berührung kommen. Auf diese Weise sollte eine Win-Win-Situation für die Wissenschaft und das Unternehmen entstehen, in der Wissenschaftler einerseits früh eine „industriekonforme“ Datengenerierung lernen und andererseits eigene, neuentwickelte Werkzeuge und Technologien einem echten Belastungstest unterziehen sollten, unter den Augen von Evotec-Experten. Die Achse dieser Brückenlabore reicht von den USA/Kanada über Europa bis nach Asien.

Dann kam alles anders. Mit dem plötzlichen Weggang von Langzeitchef Werner Lanthaler am Jahresanfang erhielten diese globalen Brückpfeiler erste Risse, beziehungsweise ihr strategisches Fundament geriet unter einer Interimsführung ins Wanken. In der Vergangenheit konnte man davon ausgehen, dass eine nächste Kooperationsmeldung oder Meilensteinerreichung aus der insbesondere mit Bristol Myers Squibb auf einer Vielzahl von Projekten fußenden Partnerschaft für den kontinuierlichen Nachrichtenfluss von positiven Meldungen sorgen würde. Die eine oder andere Meldung gab es, die eine oder andere neue Partnerschaft konnte zusätzlich vermeldet werden. Doch selbst die eigentlich besonders bemerkenswerte Partnerschaft mit der Venture-Kapitalgesellschaft Claris, die ihrem gesamten Portfolio an Beteiligungsunternehmen einen Zugang zu den Evotec-Technologieangeboten ermöglicht, konnte nicht als Ausrufezeichen und ausgewiesene Würdigung der eigenen Kompetenz medial durchdringen.

Mit der Vermeldung der Geschäftszahlen, dem äußerst verhaltenen Ausblick, den Stichworten, dass gespart werden müsse und nicht mehr mit Sicherheit vom Erreichen des Milliardenumsatzzieles ausgegangen werden könne, hatten die auf fallende Kurse setzenden Hedgefonds endgültig genug Munition zusammen, um einen deutlichen Kurssturz von fast 40% für die eigenen Zwecke zu nutzen, aber auch weiter nach unten anzuheizen. Wenn Börsenkenner nun davon abraten, „ins fallende Messer“ hineinzukaufen und auf bald wieder steigende Kurse zu hoffen, zeigt das, dass bei Evotec überhaupt nicht auf den Inhalt geschaut wird, sondern Spekulanten gerade die Meinungsführerschaft inne haben.

Nicht wirklich unterstützend wirkt dabei auch, dass Lieblingspartner BMS selbst mit massiven Problemen zu kämpfen hat, was im Wesentlichen zwar eigene Strukturen betrifft, jedoch auch Änderungen in der Priorisierung der Pipeline und einen großen Stellenabbau mit sich bringen soll. Wenn hierbei auch die langjährige Partnerschaft mit Evotec neu bewertet werden sollte und es Änderungen an den Vereinbarungen gäbe, muss es einem fast ein wenig bange um die Hamburger werden. Dem zum Juli startenden neuen CEO, der immerhin Chemiker ist und als Firmenlenker bei Linde auch eine gewisse Unruhe gewohnt war, kann man nur wünschen, dass er in kürzester Zeit der Kapitänsrolle gerecht wird. Die See rings um Evotec ist nämlich mächtig aufgewühlt und der Meeresboden ist voll mit einst als unsinkbar geltenden Ozeanriesen.

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